Doppelausstellung in St. Petri und der Overbeck-Gesellschaft
Mithilfe von softwaregenerierten Algorithmen untersucht Una Hepburn (*1995 in Belgrad) wechselseitige Relationen von Schrift und Bild. Die Künstlerin macht sich die Strukturen von Suchmaschinen
und Bilddatenbanken und die Logik künstlicher Intelligenz zu eigen, um fertig vorgefundene Informationen zu zerlegen und diese in einer visuellen Zielsprache wieder zusammenzufügen. Nach dem Vorbild kognitiver Prozesse des menschlichen Gehirns sind Computer-Vision-Programme wie das 2015 von Google im Open Source Format eingeführte DeepDream nicht nur in der Lage, Bilder zu erkennen, sondern solche auch eigenständig zu entwickeln. Wie beim Nachhängen von Tagträumen bei Wolkenformationen, ist das Programm fähig, Objekte in bestehende Bilder hineinzuinterpretieren und in bizarre, oftmals psychedelisch anmutende Versionen zu überführen. In der Überlagerung und Verfremdung der computergenerierten Bilder entbehren Hepburns Arbeiten dabei nahezu jeglicher Gegenständlichkeit und erscheinen vielmehr als ineinanderfließende und sich ins Diffuse fortsetzende Bildwelten. Die visuellen Zeichen werden ungeachtet ihrer semantischen Bedeutung in abstrakten Texturen miteinander verwoben und lassen dennoch immer wieder vertraute Bildelemente erkennen. Hepburn nutzt in dieser Hinsicht nicht nur neue Möglichkeiten des digitalen Fortschritts, sondern untersucht auch ein sich gegenseitig veränderndes Verhältnis von Schrift und Bild.
Während die Konzeptkunst und insbesondere eine Gruppierung wie „Art & Language“ um 1960 ähnliche Fragestellungen zum Beispiel in sogenannten Schreibmaschinen-Zeichnungen behandelte, überführt Hepburn diese in eine digitale Gegenwart. Für ihre erste institutionelle Einzelausstellung in der Overbeck-Gesellschaft sowie in der St. Petri Kirche zu Lübeck hat Hepburn ihr Verfahren nochmals erweitert und mithilfe eines künstlichen neuronalen Netzwerks, das für die text-to-image-Erzeugung verwendet wird, die linguistische Relativitätstheorie erforscht. Als Ausgangspunkt für ihre Arbeiten hat Hepburn Auszüge aus Benjamin Lee Whorfs Sprache, Denken und Wirklichkeit aus dem Jahr 1930 verwendet und eine Gegenüberstellung indoeuropäischer mit uto-aztekischen Sprachen wie Hopi auf bildlicher Ebene synthetisiert. Mit Hilfe des text-to-image-Programms „AttnGAN“ hat die Künstlerin ein Hopi-Verb wie „tïrï’rïta“ auf Englisch (he is quivering), Deutsch (er zittert) und Serbisch (дрхти) übersetzt und dessen Struktur auf rein formaler Ebene überprüft.
Una Hepburn „Translation“ („Relative“, St. Petri zu Lübeck / „Translations“, Overbeck-Pavillon)
Eröffnung am Sonntag, 13. Oktober 2019, um 15.30 Uhr in St. Petri zu Lübeck, anschließend um 17 Uhr Eröffnung in der Overbeck-Gesellschaft. Es begrüßen Dr. Bernd Schwarze, Pastor St. Petri zu Lübeck, und Professor Christian Klawitter, Stellvertretender Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft, Kunstverein Lübeck. Eine Einführung in die Ausstellung gibt Dr. Oliver Zybok, Direktor der Overbeck-Gesellschaft, Kunstverein Lübeck.
„Relative“, der Teil der Ausstellung, der in St. Petri gezeigt wird, ist vom 13. Oktober bis 10. November 2019 zu sehen. „Translations“, den anderen Ausstellungsteil, zeigt die Overbeck-Gesellschaft vom 13. Oktober 2019 bis 19. Januar 2020. Die Ausstellung ist eine Kooperation der Overbeck-Gesellschaft mit St. Petri zu Lübeck.