Installationen von Franz Erhard Walther
Am 13. April 2014, 17 Uhr, wird das neue Kunstjahr in der Petrikirche mit der Frühjahrsausstellung "24 Gelbe Säulen" von Franz Erhard Walther eröffnet. "24 Gelbe Säulen" von 1982 ist ein Ensemble von mannshohen, aus gelbem Baumwollstoff genähten Säulenformen. Es ist eine von Walthers umfangreichsten Wandinstallationen, die bis vor kurzem unveröffentlicht blieb.
Nach der Produktion 1982 hatte Walther keine unmittelbare Gelegenheit die raumgreifende Arbeit an einem geeigneten Ort zu zeigen, lagerte sie ein und dachte länger nicht mehr an sie. Während der Vorbereitungen zu seiner Ausstellung 2013 bei KOW in Berlin kamen Walther die "24 Gelben Säulen" wieder ins Gedächtnis und er installierte sie erstmals in den Räumen der Galerie. Die Zahl 24 spielt auf die 24 Stunden des Tages an. Das antikisierende Motiv der Säulen ist kein Zufall. Von Beginn an suchte Walther nach einer Ästhetik, die, so gut sie es vermag den Herausforderungen des Zeitgeschmacks entgeht, ja in ihrer Chromatik, Materialität und Formentwicklung nach Zeitlosem, vielleicht auch nach Unzeitgemäßem greift. Das macht den stillen Ernst seines Werkes aus, das zugleich seit fünf Jahrzehnten spielerisch bleibt. Es animiert eine Vorstellungskraft die angesichts eines offenen Werkbegriffs beweglich bleibt.
Alexander Koch von der Galerie KOW Berlin (Koch Oberhuber Wolff), Brunnenstraße 9, 10119 Berlin
Ende 1996 hatte ich das Glück, die erste Ausstellung von Franz Erhard Walther in den so genannten Neuen Bundesländern zu veranstalten: ARCHITEKTONIK, in der Campusgalerie der Hochschule Wismar. Zur Eröffnung hatte ich Björn Engholm gebeten, über das Politische in der Kunst Walthers zu sprechen: “Politisch ist sie im Sinne der demokratischen Polis. Sie beflügelt Menschen zur Teilhabe, sie fördert durch die Freisetzung von Phantasie und Kreativität die innovativen Kräfte in der Gemeinschaft, sie ist offen zugänglich und öffentlich einsehbar – eben: die einem demokratischen Gemeinwesen adäquate Kunst.“ Der Künstler selbst sagte auf eine Frage seines Kollegen Joseph Kossuth: „Kunst, deren Bedeutung darin liegt, zu unterhalten, ist Teil der Freizeitindustrie. Bedeutung erlangt Kunst, wenn sie unser Lebens- und Weltverständnis voranbringt.“
In den sechziger Jahren entwickelte Franz Erhard Walther den anderen Werkbegriff vor allem mit seinem 1. Werksatz (1969/70 erstmals im Museum of Modern Art in New York demonstriert), der den realen Raum und reale Zeit einschließt und Handlung zum immanenten Bestandteil des Kunstwerks bestimmt: in dem der Betrachter, der Rezipient von Kunst zum Benutzer wird und durch eigene Handlung das Werk erst realisiert. „Zeit und Raum sind genauso konkretes Formmaterial wie feste Stoffe“, sagt der Künstler selbst. In der spezifischen Ausformung dieser Struktur, wie sie Walther seit nunmehr einem halben Jahrhundert zu realisieren sucht, ist eine Offenheit eingeschlossen, die den Werkbegriff revolutioniert hat. Nicht die sichtbaren Objekte sind Kunst sondern die mit ihnen sozusagen als Werkzeug initiierten Handlungen führen zur Kunst. Somit ist Walther ein Erfinder einer partizipativen Kunst, die Künstler und Publikum gleichsam auf gleicher Augenhöhe zu einem Kunstwerk beitragen lassen. Wir freuen uns ganz besonders, dass wir mit dem Kirchenraum von St. Petri zu Lübeck Franz Erhard Walthers "24 Gelben Säulen" den adäquaten Raum bieten können.
Valentin Rothmaler, Kunstkurator für St. Petri zu Lübeck